3 Fragen an

Prof. Dr. Enzo Weber

03. Oktober 2024

Prof. Dr. Enzo Weber

1. Wo sind die Fachkräfte?

Noch nie waren in Deutschland so viele Menschen erwerbstätig wie heute. Das Gastgewerbe hat den Corona-Rückschlag bei der Beschäftigung mittlerweile wieder wettgemacht. Dieser kam auch keineswegs durch Abwanderung von Arbeitskräften zustande, in der Pandemie wurden sogar wesentlich weniger Beschäftigungsverhältnisse beendet als zuvor. Die Lücken entstanden stattdessen durch den starken Rückgang bei den Neueinstellungen. Es sind also mehr Fachkräfte da als je zuvor.

2. Welche Faktoren tragen Ihrer Forschung nach am stärksten zum Fachkräftemangel bei?

Dennoch sind Fachkräfte so knapp wie seit dem Wirtschaftswunder nicht mehr. Das liegt daran, dass der Bedarf immens gestiegen ist – wie in der Pflege durch die Alterung, in der Erziehung durch den Kitaausbau, in der IT durch die Digitalisierung und im Handwerk durch die Energiewende. Das ist ein großer Erfolg – von der Massenarbeitslosigkeit der 2000er Jahr haben wir uns mittlerweile deutlich weiter Richtung Vollbeschäftigung bewegt. Das bedeutet aber auch, dass zusätzliche Arbeitskräfte schwer zu bekommen sind – und setzt Betriebe damit unter Zugzwang.

3. Welche Lösungsansätze sehen Sie, um den Arbeitskräftemangel in der Hospitality-Branche zu adressieren?

Die Knappheit auf dem Arbeitsmarkt wird nicht wieder verschwinden – auch angesichts der bevorstehenden demographischen Schrumpfung. Die Chance liegt darin, die Knappheit zu nutzen, um bisher liegengebliebene Potenziale zu heben: berufliche Entwicklung von Frauen stärken, Ältere länger halten, Zugewanderte besser integrieren, Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung umwandeln. Man muss auch nicht jedem ein Viertagewoche anbieten, aber die X-Tage-Woche, also Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit, wird immer wertvoller. Dafür kann die Politik einiges tun, aber auch jeder Betrieb sollte genau fragen: Wie kann ich auf meinen Leuten und meiner Rekrutierung mehr machen?

Bildquelle: Michael Bode

© DZG

Fazit

„Machen wir mehr aus den Arbeitskräften –
denn mehr werden es nicht mehr!“

Prof. Dr. Enzo Weber

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Gastweltmacher

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Pressemitteilungen

Lebendige Gastwelt belebt Standortattraktivität

Deutschland verliert als Wirtschaftsstandort immer mehr an Attraktivität. Im EU-Vergleich landen wir laut KPMG-Studie mal gerade im Mittelfeld. Wir haben es mit einer Kettenreaktion zu tun:

Investoren bemängeln unsere Fachkräfteverfügbarkeit. Fachkräfte wiederum suchen ein ansprechendes Umfeld mit einem lebendigen sozialen Miteinander. Soziales Miteinander geschieht dort, wo Menschen zusammenkommen. Doch Orte dafür werden immer rarer. Was uns zu einem zentralen Faktor bringt, um wettbewerbsfähig zu bleiben: lebendige Innenstädte.

Eine starke Gastwelt – mit Restaurants, Cafés und Freizeiteinrichtungen – trägt erheblich dazu bei, wie lebendig eine Innenstadt wahrgenommen wird. Orte, an denen sich Menschen treffen, verbessern die Atmosphäre, verlängern die Verweildauer von Besuchern und sind oft der Hauptgrund, überhaupt in eine Innenstadt zu fahren.

Studien, wie die von METRO und IFH Köln, bestätigen: Ohne eine starke Gastronomie sind lebendige Innenstädte nicht möglich. Um die Zukunftsfähigkeit von Städten und Regionen zu sichern, müssen Gastronomieunternehmen stärker in die Stadtentwicklung einbezogen werden. Investitionen in die Gastwelt räumen die Kettenreaktion quasi von hinten auf: Lebendige Innenstädte ziehen Fachkräfte an, die Fachkräfteverfügbarkeit überzeugt Investoren, finanzielle Stabilität steigert Deutschlands wirtschaftliche Standortattraktivität nachhaltig.

Make Populismus unpopular again – das schafft die Gastwelt

Durch Deutschland geht ein Riss. Populistische Strömungen spalten unsere Gesellschaft. Sie sagen „Wir gegen die“, wo doch eigentlich ein „Uns“ – ein „gemeinsam“ – stehen sollte. Weltweite Krisen, die Frage, „Wem kann ich noch trauen?“ und der Rückzug in virtuelle Räume verstärken diesen Trend. Millionen von Menschen sind verunsichert, fühlen sich einsam und haben keine echten Gespräche mehr. Das Problem: Wer sich abgehängt und isoliert fühlt, ist anfälliger für die einfachen, spalterischen Lösungen populistischer Bewegungen – das zeigt der „Deutschland-Monitor 2023“.

Was uns fehlt, sind direkte Dialoge, soziales Miteinander, ein vertrautes ‚Wir-Gefühl‘ – und vor allem: die Orte dafür.

Hier spielt die Gastwelt eine entscheidende Rolle: Restaurants, Cafés, Hotels und Freizeiteinrichtungen bieten uns Treffpunkte, an denen wir persönlich zusammenkommen. Durch Investitionen in diese Orte können wir Gespräche fördern und das Gefühl der Gemeinschaft stärken. Damit steigern wir das soziale Wohlbefinden und verringern langfristig die Anfälligkeit für populistische Ideologien und eine gesellschaftliche Polarisierung.

Bye, Einsamkeit - Wie die Gastwelt unsere Demokratie stärken kann

Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich einsam. Das geht nicht nur älteren so, sondern auch jüngeren. Ein Blick aufs Einsamkeitsbarometer 2024 zeigt: wir alle sind betroffen. Und: besonders während der Pandemie sind die Zahlen gestiegen. 

Einsamkeit ist kein individuelles Schicksal, sondern ein gesellschaftliches Problem – und zwar eins, das unsere Demokratie in Gefahr bringt. Die erhobenen Daten machen deutlich: Menschen, die sich einsam fühlen, verlieren das Vertrauen in politische Institutionen. Sie beteiligen sich seltener an Wahlen und glauben eher an Verschwörungen. 

Unsere Demokratie gerät ins Schwanken. Doch wir können etwas tun, indem wir stabilen Boden für ihre Grundpfeiler schaffen. Dieser Boden kann unsere Gastwelt sein: Wenn wir es schaffen, Orte der Begegnung, wie sie unsere Gastwelt bietet, zu stärken, bringen wir uns Menschen wieder zusammen. Statt sozialer Isolation würde ein Gefühl gesellschaftlicher Teilhabe entstehen. Wir würden echte Gespräche führen, einander zuhören und uns als Teil einer Gemeinschaft wahrnehmen. Wir wären nicht weiter einsam. Wir wären wieder gemeinsam – für unsere Demokratie.